In Deutschland hat der Nachrichtensender ntv seit Jahrzehnten einen festen Platz in der Medienlandschaft. Viele kennen ntv als erste Anlaufstelle für Eilmeldungen, Börsenkurse und Live-Berichterstattung. Doch wem gehört ntv eigentlich? Diese Frage nach den Eigentumsverhältnissen ist eng mit der bewegten Geschichte des Senders verknüpft. In Zeiten, in denen mediale Vielfalt und Unabhängigkeit viel diskutiert werden, lohnt sich ein Blick hinter die Kulissen von ntv. Wer steckt hinter dem Sender? Wie haben sich die Besitzverhältnisse entwickelt und welche Auswirkungen hat das auf ntv?
Was Anfang der 1990er-Jahre als visionäres Projekt eines Journalisten begann, ist heute Teil eines internationalen Medienkonzerns. Im Folgenden beleuchten wir die Entwicklung von ntv von der Gründung bis heute, stellen den Gründer sowie die aktuelle Führung vor und erklären, wie sich die Eigentumsverhältnisse im Laufe der Zeit verändert haben.
Der Fernsehsender ntv wurde am 30. November 1992 in Berlin gegründet und ging an diesem Tag erstmals auf Sendung. Damit war ntv der erste deutsche Nachrichtensender, der rund um die Uhr aktuelle Informationen ausstrahlte. Die Gründung fiel in eine Zeit der Aufbruchstimmung nach der Wiedervereinigung – das Interesse an schnellen, ständig verfügbaren Nachrichten wuchs rasant. Diese Marktlücke erkannte der Medienunternehmer Karl-Ulrich Kuhlo, der ntv ins Leben rief.
Bereits kurz nach dem Sendestart stieg auch der US-Nachrichtengigant CNN bei ntv ein. Zunächst erwarb CNN im Dezember 1992 rund 27,5 % der Anteile, später stockte der Partner aus den USA seinen Anteil auf 50 % auf. Durch diese transatlantische Partnerschaft konnte ntv schon früh vom Know-how und der Technik des großen amerikanischen Vorbilds profitieren. So durfte ntv wenige Tage nach Sendebeginn eine ursprünglich für CNN reservierte Satellitenfrequenz nutzen, um sein Programm bundesweit via Satellit auszustrahlen.
In den frühen Jahren betrieb ntv echte Pionierarbeit: Aktuelle News – vor allem Wirtschaftsnachrichten – wurden erstmals in Deutschland in einem eigenen 24-Stunden-Kanal angeboten. Mit Formaten wie der täglichen „Telebörse“ machte sich der neue Sender besonders bei Börsen- und Finanzthemen schnell einen Namen. Allerdings waren die Anfangsjahre finanziell schwierig. Trotz wachsender Bekanntheit kämpfte ntv in den 1990ern mit niedrigen Einschaltquoten und Verlusten – Probleme, die erst einige Jahre später überwunden werden konnten.
Gründer und erster Geschäftsführer von ntv ist Karl-Ulrich Kuhlo. Kuhlo, geboren 1947 in Düsseldorf, ist ein deutscher Journalist mit einem guten Gespür für Medieninnovationen. Vor der Gründung von ntv sammelte er umfangreiche Erfahrung in der Medienbranche: In den 1970er-Jahren arbeitete er als Reporter für die Kölnische Rundschau, anschließend als Chefreporter für Politik und Wirtschaft bei Bild am Sonntag. Mitte der 1980er-Jahre erhielt Kuhlo vom Springer-Verlag den Auftrag, am Aufbau des privaten TV-Senders SAT.1 mitzuwirken. Diese Stationen zeigen, dass Kuhlo die deutsche Medienlandschaft bestens kannte – und bereit war, neue Wege zu gehen.
Anfang der 1990er erkannte Kuhlo dann eine Marktlücke: Es gab in Deutschland bis dato keinen reinen Nachrichtensender nach dem Vorbild von CNN. Mit Unterstützung einiger Investoren und Partner – darunter der US-Medienkonzern Time Warner und CNN – hob er 1992 ntv aus der Taufe. Kuhlo wurde erster Geschäftsführer und führte den Sender bis 1997; anschließend wechselte er in den Aufsichtsrat und übernahm dessen Vorsitz. Als Unternehmer prägte Kuhlo die Anfangsjahre von ntv maßgeblich. Sein Anspruch war, einen deutschen 24-Stunden-Nachrichtenkanal zu etablieren, der schnell, verlässlich und unabhängig berichtet. Unter seiner Führung erarbeitete sich ntv rasch einen Ruf als kompetente Quelle für Wirtschafts- und Finanznews.
Karl-Ulrich Kuhlo hielt noch bis in die frühen 2000er Anteile am Sender. Im Jahr 2003 verkaufte er jedoch seinen letzten verbleibenden Anteil (knapp 0,75 %) und schied vollständig aus dem Unternehmen aus. Damit endete die Ära des Gründers bei ntv. Kuhlo gilt bis heute als Pionier des privaten Nachrichtenfernsehens in Deutschland. Nach seinem Ausscheiden bei ntv engagierte er sich in anderen Medienprojekten und ist unter anderem im Kuratorium der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit aktiv.
Heute ist ntv fest in die Strukturen des Medienhauses RTL eingebunden. Aktueller CEO (Geschäftsführer) von ntv – im Grunde der gesamte Chef von RTL Deutschland – ist Stephan Schmitter. Schmitter hat zum 1. Januar 2024 die Führung von RTL Deutschland als CEO übernommen und verantwortet damit auch die Sendergruppe, zu der ntv gehört. Zuvor machte Stephan Schmitter vor allem im Hörfunk Karriere: Er kam 2004 zur RTL-Gruppe, leitete zunächst Radiosender und wurde 2018 Chef von RTL Radio Deutschland. Später wechselte er in den Fernseh- und Digitalbereich und stieg 2022 in die Geschäftsführung von RTL Deutschland auf. In der Senderfamilie galt Schmitter als Experte für Programminhalte, insbesondere im Nachrichtenbereich. Als CEO von RTL Deutschland ist Schmitter nun der oberste Verantwortliche hinter ntv und gibt die strategische Richtung vor.
Unterstützt wird Schmitter von Sonja Schwetje, die als Programm-Geschäftsführerin von ntv fungiert. Schwetje ist seit vielen Jahren bei ntv tätig und gewissermaßen das „Gesicht“ des Nachrichtensenders hinter den Kulissen. Ihre Karriere begann sie 1998 bei RTL Nord; 2005 wechselte sie als Redaktionsleiterin und Moderatorin zu RTL West in Köln. Im November 2010 kam Sonja Schwetje als Nachrichtenchefin zu ntv. 2014 wurde sie Chefredakteurin des Senders, und seit Frühjahr 2023 gehört sie zur Geschäftsführung und verantwortet als Programmgeschäftsführerin das Programm von ntv.
Gemeinsam bilden Stephan Schmitter und Sonja Schwetje die Doppelspitze von ntv: Schmitter als oberster Manager im großen RTL-Konzernverbund und Schwetje als operative Leitung für das Programm und die Nachrichten. Dieses Führungsduo soll sicherstellen, dass ntv journalistisch unabhängig bleibt und zugleich wirtschaftlich erfolgreich im großen RTL-Kosmos agiert. Schwetje etwa vertritt RTL Deutschland auch im Branchenverband VAUNET und leitet unternehmensintern eine Arbeitsgruppe zur Pressefreiheit – ein Hinweis darauf, dass redaktionelle Unabhängigkeit trotz Konzernzugehörigkeit betont wird.
Als privater Fernsehsender finanziert sich ntv vor allem durch Werbeeinnahmen. Genaue Umsatzzahlen des einzelnen Kanals werden nicht öffentlich separat ausgewiesen, da ntv Teil der großen RTL-Mediengruppe ist. Dennoch lassen sich einige Eckpunkte zur wirtschaftlichen Entwicklung nennen. Im Jahr 2001 beispielsweise erzielte ntv einen Umsatz von rund 72 Millionen Euro – schrieb dabei aber dennoch rote Zahlen (ca. 15 Millionen Euro Verlust). Diese anhaltenden Verluste führten Anfang der 2000er zu strikten Kosteneinsparungen, insbesondere auch in der – bis dahin sehr aufwendigen – Wirtschaftsredaktion.
Die schrittweise Übernahme durch die RTL Group ab 2002 legte dann den Grundstein für eine finanzielle Stabilisierung von ntv (dazu mehr im nächsten Abschnitt). Dank Synergien innerhalb des großen TV-Konzerns und konsequentem Sparkurs schaffte ntv schließlich ab 2011 den Sprung in die Gewinnzone. Seitdem ist der Nachrichtensender kein defizitäres Sorgenkind mehr, sondern arbeitet kostendeckend und trägt positiv zum Konzernergebnis bei.
Zum Vergleich lohnt ein Blick auf die Dimension des Mutterkonzerns: Die RTL Group erzielte im Jahr 2023 einen Gesamtumsatz von über 6,3 Milliarden Euro. Daran hat ntv zwar nur einen kleinen Anteil – der TV-Marktanteil von ntv liegt bei etwa 1 % – doch dieses Beispiel zeigt die Größenordnung des Konzerns. Mit einem Marktanteil um 1 % generiert ntv entsprechend deutlich kleinere, dreistellige Millionenumsätze pro Jahr, nahezu vollständig aus Werbeerlösen. Wirtschaftlich steht ntv heute solide da: Der Sender ist inzwischen profitabel und kein Verlustbringer mehr, sondern ein etabliertes Angebot in der RTL-Gruppe.
Die Geschichte von ntv ist geprägt von Höhen und Tiefen – letztlich aber von einem langfristigen Erfolg am Markt. Mitte der 1990er Jahre etablierte sich ntv zwar als innovativer 24-Stunden-Nachrichtensender, hatte jedoch zunächst mit geringen Zuschauerzahlen und finanziellen Verlusten zu kämpfen. Dennoch erarbeitete sich der Sender einen guten Ruf, insbesondere dank seiner Wirtschaftsberichterstattung (etwa mit der täglichen „Telebörse“), die in Finanzkreisen Beachtung fand.
Einen ersten Wendepunkt gab es 1998, als ntv zum ersten Mal in seiner Geschichte ein Jahresplus erwirtschaftete. In den folgenden Boom-Jahren 1999/2000 der New-Economy-Phase explodierten die Werbeeinnahmen im TV-Markt – ntv profitierte davon und schrieb hohe Gewinne. Dieser Erfolg rief jedoch rasch Konkurrenz auf den Plan: Im Jahr 2000 startete die ProSiebenSat.1-Gruppe mit N24 (heute „Welt“) einen eigenen Nachrichtensender, um am Erfolgskonzept teilzuhaben. Kurz darauf, mit dem Platzen der Dotcom-Blase im Jahr 2001, brachen jedoch die Werbeerlöse wieder drastisch ein. ntv geriet erneut in die roten Zahlen. Anfang der 2000er stand der Sender an einem Scheideweg: Trotz inhaltlicher Stärke war die wirtschaftliche Lage kritisch.
2002 folgte dann die entscheidende Weichenstellung. Der finanzstarke RTL-Konzern stieg bei ntv ein (zunächst als Anteilseigner, später vollständig) und leitete eine Sanierung ein. In zwei Schritten – 2002 und 2006 – übernahm RTL alle Anteile an ntv (siehe Timeline unten). Durch die Einbindung in den großen RTL-Medienverbund konnte ntv finanziell gerettet werden. Der Großteil der Redaktion zog 2004 von Berlin nach Köln um, wo bereits andere Sender der Gruppe ansässig sind. Die gemeinsame Nutzung von Ressourcen mit RTL (z. B. Nachrichtenstudios, Technik und Verwaltung) machte den Sender effizienter. In den folgenden Jahren gelang die Rückkehr in die Gewinnzone, und ntv festigte seine Position im Markt der Nachrichtensender.
Heute ist ntv wieder profitabel und auch in der digitalen Welt erfolgreich aufgestellt. Die Website ntv.de gehört zu den meistbesuchten Nachrichtenportalen Deutschlands. Der einstige Pionier im deutschen Privatfernsehen hat sich zu einem multimedialen Nachrichtendienst entwickelt, der trotz starker Konkurrenz seine Nische behauptet. ntv ist mittlerweile fester Bestandteil der deutschen Medienlandschaft – ein Sender, der von den turbulenten Anfängen bis zur Etablierung im großen Konzern einen beachtlichen Wandel durchlaufen hat.
Aktuell gehört ntv zu 100 % der RTL Group. Genauer gesagt ist ntv in die RTL Deutschland GmbH integriert, eine Tochtergesellschaft der international aufgestellten RTL Group. Die RTL Group mit Sitz in Luxemburg wiederum ist einer der größten Medienkonzerne Europas. Haupteigentümer der RTL Group ist der deutsche Medienriese Bertelsmann, der etwa 76 % der Anteile hält. Die restlichen rund 24 % der RTL-Group-Aktien befinden sich im Streubesitz und werden an der Börse gehandelt (Free Float).
Bertelsmann selbst wird von der Familie Mohn kontrolliert – vor allem über die gemeinnützige Bertelsmann Stiftung sowie direkte Familienbeteiligungen. Die Bertelsmann Stiftung hält zwar formal den Großteil der Bertelsmann-Anteile, doch die Gründerfamilie Mohn hat darin weitreichende Kontrollrechte, insbesondere durch Liz Mohn als Stiftungsgründerin. Damit liegt die letztendliche Kontrolle über ntv bei der Unternehmerfamilie Mohn.
Ehemalige Anteilseigner wie der ntv-Gründer Karl-Ulrich Kuhlo oder CNN besitzen heute keine Anteile mehr am Sender. Der größte und bestimmende Anteilseigner ist nun die RTL/Bertelsmann-Seite. Für die Zuschauer tritt diese Konstellation kaum offen zutage – ntv agiert nach außen weiterhin unter eigener Marke – doch hinter den Kulissen ist ntv längst ein Teil des Bertelsmann-Imperiums.
Wem gehört ntv? – Auf diese eingangs gestellte Frage lässt sich heute eine klare Antwort geben: ntv ist ein Bestandteil von RTL Deutschland und damit letztlich ein Sender im Portfolio des Bertelsmann-Konzerns. Die Eigentumsverhältnisse haben sich im Verlauf der Jahrzehnte deutlich verändert. War ntv anfangs ein unabhängiges Startup-Projekt von Karl-Ulrich Kuhlo mit Unterstützung aus den USA, so gehört der Sender nun zu einem der größten deutschen Medienhäuser. Dieser Wandel vollzog sich allerdings nicht über Nacht, sondern in mehreren Schritten: 2002 stieg die RTL Group erstmals bei ntv ein, 2006 übernahm sie den Kanal komplett. Seitdem liegt die Zukunft von ntv in den Händen des Bertelsmann/RTL-Konzerns.
Für ntv selbst brachte diese Entwicklung Vor- und Nachteile. Einerseits verlor der Sender seine unternehmerische Eigenständigkeit; wichtige Entscheidungen werden heute im großen Verbund getroffen. Andererseits sicherte der mächtige Mutterkonzern das Überleben des einst chronisch defizitären Senders und ermöglichte Investitionen in Technik und Personal, die ntv alleine kaum stemmen könnte. Inzwischen hat sich ntv als verlässliche Nachrichtenmarke etabliert, die auch wirtschaftlich solide dasteht. Die Zugehörigkeit zu RTL ermöglicht Kooperationen – zum Beispiel eine gemeinsame Nachrichtenredaktion mit RTL Television – und erhöht die Reichweite der Inhalte. Kritiker merken an, dass die Konzentration von Medienangeboten in großen Konzernen im Auge behalten werden sollte, um die Meinungsvielfalt zu gewährleisten. ntv betont jedoch, redaktionell unabhängig zu arbeiten, ungeachtet der Eigentümerstruktur.
Am Ende ist ntv ein Beispiel dafür, wie ein Pionier-Unternehmen der 90er Jahre den Sprung in die moderne Medienwelt geschafft hat. Vom lokal gestarteten Nachrichtensender in Berlin bis zur Integration in einen internationalen Medienkonzern spiegelt ntv die Transformation der gesamten Medienbranche wider. Die Frage „Wem gehört ntv?“ fällt heute eindeutig aus – und sie zeigt, wie wichtig finanzstarke Partner für das langfristige Bestehen eines solchen Senders sein können.
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