Erstellt von Lana

KTM Fahrrad insolvent? Die Fakten und Hintergründe

In vielen Fahrradkellern stehen sie: orangefarbene Bikes mit dem markanten KTM-Schriftzug. Die Marke KTM ist bei Zweirad-Fans seit Jahrzehnten ein Begriff, vom Motorrad bis zum Mountainbike. Umso größer war der Schreck, als Ende 2024 Schlagzeilen über eine KTM-Pleite die Runde machten. War nun das Traditionsunternehmen aus Oberösterreich insgesamt zahlungsunfähig? Drohte den populären KTM-Fahrrädern das Aus? Dieser Frage geht der folgende Bericht nach und beleuchtet, wie es wirklich um KTM Fahrrad steht.

Insolvenz-Gerüchte und die Verwechslungsgefahr

In den vergangenen Monaten kursierten vermehrt Gerüchte, dass der österreichische Fahrradhersteller KTM Fahrrad GmbH in Zahlungsschwierigkeiten stecke oder gar vor der Insolvenz stehe. Hintergrund dieser Spekulationen ist die finanzielle Schieflage der KTM AG, des bekannten Motorradherstellers aus Mattighofen. Ende November 2024 musste die KTM AG tatsächlich einen Antrag auf Eröffnung eines Sanierungsverfahrens mit Eigenverwaltung stellen, faktisch ein Insolvenzantrag. Die KTM AG, Teil der Pierer Mobility AG, war durch Überproduktion und Qualitätsprobleme in eine tiefe Krise geraten. Absatzzahlen brachen 2024 ein, Lager blieben voll, und die Verschuldung stieg auf rund 1,8 Milliarden Euro. Diese dramatischen Entwicklungen führten zu Kurzarbeit, Entlassungen und schließlich dem Insolvenzantrag im November 2024.

Die Nachrichten über die bevorstehende Pleite des Motorradbauers sorgten für große Verunsicherung, nicht nur bei tausenden Mitarbeitern, die etwa auf Weihnachtsgeld und ihr Novembergehalt verzichten mussten, sondern auch bei Kundinnen und Kunden. Viele fragten sich besorgt: Betrifft die KTM-Pleite auch mein Fahrrad? Tatsächlich tragen zahllose Räder vom Rennrad über Mountainbikes bis zum E-Bike den Markennamen KTM. Doch KTM ist nicht gleich KTM, wie die Fahrradfirma in einer Stellungnahme unmissverständlich klarstellte.

Zwei KTM-Unternehmen: Motorräder vs. Fahrräder

Entgegen mancher Medienberichte hat die Insolvenz der KTM AG nichts mit der KTM Fahrrad GmbH zu tun. Zwar teilen die Firmen den Traditionsnamen KTM und den Ort Mattighofen in Oberösterreich, doch es handelt sich seit fast drei Jahrzehnten um völlig eigenständige Unternehmen. Bereits seit 1992 existieren der Motorrad-Hersteller KTM AG und der Fahrrad-Hersteller KTM Fahrrad GmbH voneinander unabhängig und ohne jegliche wirtschaftliche oder gesellschaftsrechtliche Verbindungen. Die KTM Fahrrad GmbH ging Anfang der 1990er aus der Konkursmasse der damaligen KTM Motorfahrzeug Ges.m.b.H hervor und befindet sich seither im alleinigen Besitz der Gründerfamilie Urkauf. Die Familie Urkauf, heute vertreten durch Johanna Grabner-Urkauf, führt das Unternehmen als traditionelles Familienunternehmen mit gesunder finanzieller Basis weiter.

So stabil war das jedoch nicht immer. Mitte der 1990er-Jahre stand die junge KTM Fahrrad GmbH selbst kurz vor der Insolvenz, bis Carol Urkauf-Chen, Tochter des Gründers Hermann Urkauf, 1996 die Geschäftsführung übernahm und das Unternehmen vor dem Aus bewahrte. Seither ist Urkauf-Chen als alleinige Eigentümerin eingetragen und baute KTM Fahrrad zu einem global erfolgreichen Hersteller aus. 2021 verkaufte das Unternehmen rund 460.000 Fahrräder, und 2022 wurde ein Umsatz von 477 Millionen Euro erzielt.

Während die KTM AG als Europas größter Motorradproduzent an der Börse notiert ist und zum Pierer-Mobility-Konzern von Stefan Pierer gehört, ist die KTM Fahrrad GmbH ein eigenständiger Mittelständler. Dass hier oft Verwechslungsgefahr besteht, räumt auch KTM-Fahrrad-Geschäftsführer Stefan Limbrunner ein. Vielen Menschen war bis vor Kurzem gar nicht bekannt, dass Österreichs größter Fahrradhersteller KTM Fahrrad und der Motorrad-Weltmarktführer KTM AG zwei verschiedene Firmen mit unterschiedlichen Eigentümern sind. Beide Unternehmen entstanden zwar aus dem Zerfall der ursprünglichen KTM-Gruppe im Jahr 1992, doch seither haben sich ihre Wege getrennt. KTM Motorräder werden von Pierer Mobility gefertigt, während KTM-Fahrräder ausschließlich von der KTM Fahrrad GmbH produziert und vertrieben werden.

Im Zuge dieser Neuordnung 1992 sicherte sich KTM Fahrrad vertraglich das exklusive, weltweite und unbefristete Recht, den Namen KTM im Fahrradbereich zu nutzen. Pierer Mobility hingegen tritt mit seinen Bike-Sparten unter anderen Marken, etwa Husqvarna E-Bicycles oder GasGas, auf. Diese Exklusivnutzung wurde 2020 vom Obersten Gericht in Österreich bestätigt: Pierer Mobility darf die Marke KTM für Fahrräder nicht verwenden.

Offizielle Klarstellung: KTM Fahrrad nicht insolvent

Angesichts der Verwirrung hat die KTM Fahrrad GmbH schnell reagiert und in Pressemitteilungen sowie auf ihrer Website unmissverständlich Stellung bezogen. Dort heißt es klar: Motorrad-Hersteller KTM AG ist insolvent. Das hat nichts mit der KTM Fahrrad GmbH zu tun. Zudem wird betont: Nur KTM Fahrrad GmbH macht KTM Fahrräder. Das Unternehmen unterstreicht, dass die Fahrradproduktion vollkommen eigenständig ist und durch die KTM-AG-Insolvenz keinerlei unmittelbare Auswirkungen erfährt.

In einer offiziellen Presseaussendung beruhigte KTM Fahrrad sowohl Händler als auch Kunden: Man sei solide aufgestellt und finanziell gesund, es bestehe keine Insolvenzgefahr. Die KTM Fahrrad GmbH habe eine gesunde Finanzstruktur und stehe auf eigenen Beinen. Wichtig für Konsumenten: Gewährleistung und Service sind weiterhin sichergestellt. Sie können sich jederzeit ein KTM Fahrrad kaufen. Sie haben uneingeschränkte Gewährleistungsansprüche. Mit anderen Worten: Weder droht den beliebten Fahrrädern aus Mattighofen das Aus, noch müssen Käufer befürchten, ohne Ersatzteile oder Garantieleistungen dazustehen.

Auch in Interviews betonte die Firmenleitung diese Botschaft. Johanna Grabner-Urkauf, Geschäftsführerin und Mitglied der Eigentümerfamilie, stellte klar, man sei durch und durch ein hundertprozentiges Fahrradunternehmen und widme sich ausschließlich dem Fahrradgeschäft. Bikes seien die DNA und Zukunft von KTM Fahrrad. Ein Einstieg bei der strauchelnden Motorrad-Schwester komme für KTM Fahrrad daher nicht in Frage; vielmehr konzentriere man sich voll auf das eigene Kerngeschäft und dessen langfristige Weiterentwicklung als eigenständiger Hersteller.

Verunsicherung durch Namensgleichheit

Trotz aller Klarstellungen hat die Namensgleichheit weiterhin für Verwirrung gesorgt. In der breiten Medienberichterstattung über die KTM-Insolvenz wurde häufig nicht deutlich genug zwischen den zwei Unternehmen unterschieden. Schlagzeilen wie KTM strauchelt oder Meldungen, die pauschal von einer Krise bei KTM sprachen, legten nahe, dass auch das Fahrradgeschäft betroffen sei. Tatsächlich berichten manche Medien, KTM würde sein Fahrradgeschäft aufgeben oder Fahrräder an Mitarbeiter verschenken, doch all das betrifft die Pierer Mobility und deren Bike-Sparte, nicht die KTM Fahrrad GmbH.

Diese ständigen Falschassoziationen sind für KTM Fahrrad ärgerlich und nicht ohne Folgen. Stefan Limbrunner berichtet, man müsse sich laufend erklären und richtigstellen, was sehr mühsam sei. Bei Kunden keimte durch die Gerüchte teils die Sorge auf, ob es künftig noch Ersatzteile und Service für KTM-Räder geben werde. Auch Händler reagierten verunsichert oder verärgert – etwa über das Gerücht, KTM habe Tausende Fahrräder kostenlos an Mitarbeiter abgegeben. Diese Aktion fand zwar statt, betraf aber die Pierer-Tochter Husqvarna/GasGas und deren Überbestände, nicht die KTM Fahrrad GmbH. Das Fahrradunternehmen betont, dass man im Gegensatz dazu keine Rabattschlachten veranstaltet oder Überbestände wahllos auf den Markt wirft. Stattdessen setzt KTM Fahrrad auf langfristige Partnerbindung: Händler wurden proaktiv informiert und Kunden bei Bedarf aufgeklärt, um alle Missverständnisse auszuräumen. So soll das Vertrauen in die Marke KTM Fahrrad gewahrt bleiben.

Herausforderungen in der Fahrradbranche

Unabhängig von der KTM-Verwechslung steht auch die Fahrradbranche insgesamt seit 2023 vor großen Herausforderungen. Nach dem Pandemie-bedingten Fahrradboom sind die Absatzzahlen vielerorts rückläufig, während gleichzeitig aufgestaute Warenlieferungen aus Vorjahren den Markt überfluten. Die Folge: Vollgestopfte Lager bei Herstellern und Händlern, Konsumflaute und ein harter Preiskampf mit hohen Rabatten. Zahlreiche Bike-Firmen mussten 2024 und 2025 Insolvenz anmelden – von kleineren Start-ups bis hin zu bekannten Marken. Selbst der Pierer-Konzern, der sich mit Marken wie Husqvarna E-Bicycles und GasGas im Fahrradmarkt engagiert hatte, zog angesichts hoher Verluste in diesem Segment die Reißleine. Pierer Mobility kündigte an, sich schneller als geplant aus dem Fahrradgeschäft zurückzuziehen. Diese allgemeine Marktsituation führt dazu, dass auch solide Hersteller Vorsicht walten lassen müssen.

Auch KTM Fahrrad bekam den Marktrückgang zu spüren, befindet sich aber dank vorsichtiger Unternehmensführung weiterhin auf stabilem Kurs. Um den verringerten Auftragseingang aus dem Handel aufzufangen, reduzierte die Firma ihre Produktion moderat: Statt in zwei Schichten wird zeitweise nur noch in einer Schicht produziert. Dadurch ließ sich der Output dem Nachfrage-Rückgang anpassen. Leider führte dies auch zu einem Abbau von Arbeitsplätzen: Die Mitarbeiterzahl am Hauptstandort Mattighofen sank von über 500 auf etwa 400 Beschäftigte. In einem zweiten Werk in Tschechien blieb die Belegschaft jedoch stabil, ebenso in den asiatischen Qualitätskontroll- und Versandbüros.

Dennoch steht KTM Fahrrad vergleichsweise solide da. Das Management betont, man habe Gewinne früherer Boomjahre sorgfältig reinvestiert und Reserven gebildet, etwa für den Ausbau des Produktionsstandorts in Mattighofen. Diese finanziellen Polster erlauben es, sogar in der aktuellen Marktschwäche in Innovation und neue Modelle zu investieren. So wurden zur Saison 2025 trotz allem attraktive Neuheiten vorgestellt – wenn auch mit Bedacht: Viele Modelle erfuhren eher behutsame Überarbeitungen, statt risikoreiche Komplett-Neuentwicklungen. Die Devise lautet, wie Limbrunner erklärt: Mit ruhiger Hand durch die Krise steuern und keine überstürzten Maßnahmen ergreifen.

Aktuelle Situation und Ausblick

Stand Oktober 2025 gibt es für Fans und Kunden von KTM Fahrrädern Entwarnung: KTM Fahrrad ist derzeit nicht von einer Pleite bedroht. Das Unternehmen ist nicht insolvent und hat auch keinen Insolvenzantrag gestellt. Im Gegenteil, die KTM Fahrrad GmbH betont ihre stabile finanzielle Lage und setzt ihren Betrieb normal fort. Die Ereignisse um die KTM-Motorsparte haben zwar für Turbulenzen am Rande gesorgt, doch KTM Fahrrad bleibt auf Kurs als eigenständiger Fahrradproduzent.

Zur Einordnung: Im Februar 2025 haben die Gläubiger der KTM AG einen Sanierungsplan mit 30 Prozent Quote angenommen, wodurch der Fortbestand der Motorradsparte vorerst gesichert scheint. Der indische KTM-Partner Bajaj Auto übernahm dabei eine Schlüsselrolle und stellte hunderte Millionen Euro bereit, um KTM als Motorradmarke zu retten. Diese Umstrukturierung dürfte dazu führen, dass Bajaj künftig erheblichen Einfluss bei KTM hält, möglicherweise bis hin zur Mehrheitsübernahme. All das betrifft jedoch ausschließlich die Motorrad-Sparte. Für das Fahrrad-Geschäft gilt weiterhin: Es bleibt eigenständig und unbeeinflusst von diesen Entwicklungen.

Angesichts der allgemeinen Marktdelle setzt KTM Fahrrad darauf, mit seiner breiten Produktpalette und Qualitätsarbeit weiter zu punkten. Vom Kinderrad über das E-Cargo-Bike bis hin zum High-End-E-Mountainbike deckt die Marke nahezu alle Segmente ab. Als früher Vorreiter bei E-Bikes und dank einer loyalen Kundschaft sieht sich das Traditionsunternehmen gut gerüstet, um auch künftig erfolgreich zu bestehen.

Die wichtigsten Fakten im Überblick

  • Eigenständige Firma: Die KTM Fahrrad GmbH ist seit 1992 vollkommen unabhängig vom Motorrad-Hersteller KTM AG.
  • KTM-AG-Insolvenz: Die Ende 2024 bekanntgegebene Insolvenz betrifft nur die KTM AG (Motorräder) und die Pierer Mobility.
  • Nicht insolvent: KTM Fahrrad ist finanziell gesund und steht auf stabilen Beinen.
  • Kunden beruhigt: Für Käufer ändert sich nichts – Gewährleistung, Ersatzteilversorgung und Verkauf von KTM-Rädern gehen ohne Einschränkung weiter.

Fazit

KTM Fahrrad ist eigenständig, finanziell gesund und nicht von der KTM-Insolvenz betroffen. Die Gerüchte über eine drohende Pleite des Fahrradherstellers haben sich in der Recherche als unbegründet erwiesen. Zwar ist die gesamte Branche im Umbruch und die gleichnamige Motorradsparte musste schwere Einschnitte verkraften, doch im Fahrradwerk in Mattighofen bleiben die Lichter an. KTM-Fahrräder rollen weiterhin vom Band. Kunden können also beruhigt bleiben: Die orangefarbenen Bikes mit dem KTM-Logo werden auch in Zukunft nicht von unseren Straßen und Trails verschwinden.

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