In den vergangenen Jahren sah sich der Touristikkonzern TUI mit existenzbedrohenden Krisen konfrontiert, allen voran der Corona-Pandemie. Immer wieder stellen Verbraucher und Medien die Frage: Steht TUI vor der Insolvenz oder drohen dem Unternehmen erneut akute Zahlungsschwierigkeiten? Die aktuelle Faktenlage zeichnet jedoch ein klares Bild. Trotz der schweren Rückschläge ist TUI heute nicht akut von einer Pleite bedroht. Im Gegenteil: Nach massiven staatlichen Rettungshilfen und harten Einschnitten hat sich der Konzern stabilisiert und verzeichnet inzwischen wieder wachsende Buchungszahlen sowie eine deutliche Erholung seines Geschäfts.
Die Corona-Pandemie ab 2020 brachte den Reiseverkehr praktisch zum Erliegen – und damit auch TUI an den Rand des Abgrunds. Innerhalb weniger Wochen brach das Geschäft komplett weg, Kunden stornierten massenhaft Reisen und forderten Erstattungen. TUI verlor enorme Liquidität und stand vor der Insolvenz. Ohne externen Rettungsanker hätte der weltweit größte Reiseanbieter wohl die Koffer packen müssen.
Um den Kollaps zu verhindern, schnürte die Bundesregierung ein milliardenschweres Rettungspaket. Im Januar 2021 stieg der deutsche Staat mit bis zu 25 Prozent am Unternehmen ein und stellte insgesamt 4,3 Milliarden Euro an Hilfen bereit, davon rund 3 Milliarden als Kredite. Diese staatliche Beteiligung über den Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) verschaffte TUI die nötige finanzielle Luft zum Atmen. Zusätzlich verkaufte TUI lukrative Unternehmensteile – etwa Anteile an Hapag-Lloyd Kreuzfahrten und RIU Hotels – und führte mehrfach Kapitalerhöhungen durch, um frisches Geld zu beschaffen.
Mit Wiederanstieg des Reisegeschäfts 2022 begann TUI, die Hilfen schrittweise zurückzuzahlen. Bereits am 1. April 2022 konnte ein erster Teil der staatlichen Kreditlinien getilgt werden, es folgte eine weitere Rückzahlung Ende Juni 2022. Ein entscheidender Meilenstein war im Frühjahr 2023 erreicht: Durch eine große Kapitalerhöhung über rund 1,8 Milliarden Euro zahlte TUI die verbliebenen Staatshilfen des WSF vollständig zurück. Der Finanzvorstand Mathias Kiep betonte, man habe dadurch die Verschuldung und Zinslast deutlich gesenkt und erwarte bereits im laufenden Geschäftsjahr eine bessere Nettoverschuldungsquote als 2019, also vor der Krise. Die Bilanz sei wieder gestärkt, TUI habe die nötige finanzielle Flexibilität zurückgewonnen. Dieses erfolgreiche Schuldenmanagement war zentral, um eine Insolvenz abzuwenden.
Die Auswirkungen der Pandemie haben nicht alle Reiseveranstalter überlebt. Im Juni 2024 erschütterte die Branche die Insolvenz der FTI Group, ehemals drittgrößter Reiseveranstalter Europas. FTI hatte, ähnlich wie zuvor Thomas Cook 2019, den finanziellen Belastungen letztlich nicht standgehalten. Es war die größte Brancheninsolvenz seit der Thomas-Cook-Pleite. Staatshilfen von rund 600 Millionen Euro für FTI reichten nicht aus; weder neue Investoren noch der Bund wollten weiteres Geld zuschießen, sodass FTI coronabedingt die Segel streichen musste. Hunderttausende Urlauber waren von abgesagten Reisen betroffen, und der gesetzliche Reisesicherungsfonds sprang für die Erstattung bereits gezahlter Kundengelder ein.
Für die übrigen Marktakteure brachte der FTI-Kollaps jedoch auch eine Neuverteilung der Marktanteile. TUI als Marktführer konnte durch die wegfallende Konkurrenz zusätzliche Nachfrage abschöpfen. Das Unternehmen stockte sein eigenes Angebot kurzfristig auf und gewann zahlreiche neue Kunden. Insbesondere in Deutschland zog die Buchungsnachfrage spürbar an – ein Effekt, den TUI direkt auf die FTI-Pleite zurückführte. Laut Bericht verzeichnete TUI in der Sommersaison 2024 hierzulande zweistellige Zuwächse, rund zehn Prozent mehr Buchungen als im Vorjahr. Branchenexperten erwarten nach dem Ausscheiden von FTI einen noch konzentrierteren Reisemarkt. Es drohe ein Oligopol weniger großer Anbieter bei hoher Nachfrage – ein Umfeld, in dem ein finanzkräftiger Player wie TUI künftig eher zu den Gewinnern zählt.
Seit dem Wegfall der Corona-Beschränkungen erlebt TUI eine kräftige geschäftliche Erholung. Bereits im Geschäftsjahr 2023 stieg der Umsatz des Konzerns gegenüber dem Vorjahr um 25 Prozent auf 20,7 Milliarden Euro. Erstmals seit Beginn der Pandemie erzielte TUI wieder ein deutlich positives operatives Ergebnis – das bereinigte EBIT lag bei 977 Millionen Euro. Diese Zahlen belegen, dass TUI aus der Krise herausgewachsen ist und die Grundlage für künftige Gewinne gelegt hat.
Die Sommerreise-Saison 2024 verlief ebenfalls erfolgreich. Insgesamt zählte TUI bis Mitte September rund 14,7 Millionen Buchungen für den Sommer – etwa 1,4 Millionen mehr als ein Jahr zuvor. Bei Pauschalreisen konnte der Konzern konzernweit sechs Prozent mehr Gäste begrüßen als im Sommer 2023. In Deutschland lag das Plus sogar bei etwa zehn Prozent. Dabei half nicht nur der Wegfall eines Mitbewerbers, sondern auch die ungebrochene Reiselust der Kundschaft. Viele Urlauber gaben für ihre Reisen mehr Geld aus als zuvor; die Durchschnittspreise pro Reise stiegen um rund drei Prozent, was gestiegene Kosten auffing und zugleich auf eine höhere Nachfrage nach hochwertigen Angeboten hindeutet.
Auch in den eigenen Hotel- und Clubanlagen (TUI Blue, RIU, Robinson) sowie im Kreuzfahrtgeschäft meldete TUI Rekorde. Die Auslastung der Hotels lag im Sommer 2024 um sechs Prozentpunkte höher als im Vorjahr, bei gleichzeitig um sieben Prozent höheren Durchschnittspreisen pro Übernachtung. Die Kreuzfahrt-Sparte weitete ihr Kapazitätsangebot um zwölf Prozent aus und hielt dennoch eine Auslastung von über 100 Prozent. Diese Kennzahlen unterstreichen, dass TUI operativ wieder auf stabilen Beinen steht.
An den Finanzmärkten kehrte ebenfalls Vertrauen zurück: Im Juni 2024 schaffte es TUI nach langer Abstinenz zurück in den deutschen MDAX-Index, nachdem die Hauptnotierung der Aktie wieder von London nach Frankfurt verlegt worden war. Dieser Schritt, zusammen mit der erfolgreichen Kapitalerhöhung, signalisiert eine Rückkehr zur Normalität für den Konzern. TUI-Chef Sebastian Ebel zeigte sich denn auch optimistisch und sah das Unternehmen auf Kurs zu einer Gewinnsteigerung im abgelaufenen Geschäftsjahr.
Angesichts der jüngsten Entwicklungen erscheint eine akute Insolvenzgefahr für TUI derzeit nicht gegeben. Im Gegenteil, der Konzern strebt wieder Wachstum an. Kurz vor Abschluss des Geschäftsjahres 2025 hat TUI seine im Sommer angehobene Gewinnprognose bestätigt. Trotz einiger Gegenwinde – etwa einer Buchungsdelle durch die Hitzewelle im Mittelmeerraum und Unsicherheiten wegen des Nahost-Konflikts – erwartet TUI für 2024/25 einen Anstieg des bereinigten operativen Gewinns um neun bis elf Prozent gegenüber dem Vorjahr. Zwar gab es im Sommer 2025 geringfügig weniger Gäste bei Pauschalreisen, doch weil Urlauber im Schnitt mehr Geld ausgaben, blieb der Kurs Richtung Gewinnwachstum intakt. Für den Winter 2025/26 zeichnen sich ebenfalls Zuwächse ab: Aktuell liegen die Buchungen leicht über Vorjahr, bei rund drei Prozent höheren Durchschnittspreisen. Solche Kennziffern untermauern die Aussage, dass TUI die Talsohle durchschritten hat.
Zudem investiert das Unternehmen gezielt in seine Zukunft, anstatt von einer Insolvenz bedroht zu sein. Ein prominentes Beispiel ist die neue strategische Partnerschaft mit Oman im Herbst 2025. Gemeinsam mit der omanischen Regierung plant TUI den Aufbau mehrerer Resort-Hotels im Sultanat, um neue Urlaubsdestinationen zu erschließen. Im Zuge der Allianz erwirbt das staatliche omanische Tourismusunternehmen OMRAN einen kleinen Aktienanteil von rund 1,4 Prozent an TUI zu einem Preis von 9,50 Euro je Aktie. Diese Kooperation bringt TUI frisches Kapital von rund 74 Millionen Euro und unterstreicht das Vertrauen in die langfristige Strategie des Konzerns. Statt Anzeichen einer Krise zu zeigen, baut TUI also sein Geschäft weiter aus und knüpft internationale Allianzen.
Nach heutigem Stand ist TUI nicht pleite und es droht kurzfristig auch keine Insolvenz. Der Konzern hat dank staatlicher Unterstützung und eigener Restrukturierungsmaßnahmen die schlimmste Krise seiner Geschichte gemeistert. Während Wettbewerber wie FTI auf der Strecke blieben, hat TUI seine Finanzlage stabilisiert – belegt durch die vollständige Rückzahlung der Staatshilfen – und profitiert nun von der erholten Reiselust der Verbraucher. Natürlich bleibt die Touristik ein volatiles Geschäft mit Risiken wie konjunkturellen Abschwüngen oder geopolitischen Krisen, doch aktuell steht TUI auf solidem Fundament. Weder Geschäftszahlen noch Branchenbeobachter deuten darauf hin, dass der Reisekonzern in naher Zukunft zahlungsunfähig werden könnte. Im Gegenteil: TUI befindet sich nach eigener Aussage gestärkt auf Kurs und richtet den Blick nach vorn auf profitables Wachstum.
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